Radiologie auf Spitzenniveau für Lippe

Neuer Chefarzt am Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie mit großen Plänen.

Im Oktober hat Univ.-Prof. Dr. Dr. med. Michel Eisenblätter die Radiologie am Klinikum Lippe übernommen. Mit 41 Jahren ist er aktuell der jüngste Chefarzt am Klinikum Lippe, bringt aber insbesondere für die neue klinische und universitäre Ausrichtung der diagnostischen Abteilungen jede Menge Erfahrung mit. Der gebürtige Bielefelder leitet das Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie und ist Inhaber des Lehrstuhls für Klinische Radiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Bielefeld. Im Interview verrät er, warum die Radiologie so wichtig für das Klinikum Lippe ist und welche Entwicklungen geplant sind.

Herr Prof. Dr. Dr. Eisenblätter, was ist in Ihrer Funktion als neuer Chefarzt Ihre wichtigste Botschaft an die Lipperinnen und Lipper?

Univ.-Prof. Dr. Dr. med. Michel Eisenblätter: Das kann ich ganz kurz und knapp beantworten: Wir arbeiten daran, Diagnostik auf Spitzenniveau – sowohl technisch als auch personell – in die Region zu bringen und werden die Radiologie perspektivisch für alle Bürger öffnen.

Was bedeutet das konkret?

Eisenblätter: Uns ist die regionale Versorgungslage mit radiologischen Leistungen natürlich bekannt. Die Wartezeiten auf eine CT- oder MRTUntersuchung sind – wie übrigens auch in anderen Regionen – immens lang. Patienten benötigen einen Termin bei Beschwerden aber möglichst zeitnah und nicht erst in ein paar Wochen oder Monaten. Mit der entstehenden Hochschulambulanz Radiologie können wir Diagnostik in der Breite anbieten, also wenn man so will: zeitnahe CT-, MRT- oder Röntgentermine für alle, egal ob privat oder gesetzlich krankenversichert. Wir können dann zusätzlich zur klinischen Versorgung unserer stationären Patienten inklusive notwendiger Nachsorgetermine auch unseren Beitrag leisten, die Patienten in der Region generell adäquat zu versorgen.

Das ist unter anderem ein Effekt des Bestrebens des Klinikum Lippe sich vom Maximalversorger zum Universitätskrankenhaus zu entwickeln. Schließlich bedeutet das universitäre Engagement natürlich einen Mehraufwand und die Bereitstellung notwendiger Ressourcen, aber wir sind nur so in der Lage, in der Radiologie neueste Verfahren und Technik kombiniert mit universitärem Knowhow anzubieten. Als Universitätsinstitut können wir beispielsweise Bildanalyse-Verfahren einsetzen, die noch gar nicht in der Breite angekommen sind. Wir haben Zugang zu neuester Technologie und ziehen international sichtbare Spezialisten zu uns, hier nach Lippe. Das passt auch sehr gut zu unserem Klinikmotto: Mit Herz und Hightech, denn in der Radiologie sind Mensch und Technik ein gutes Team.

Nach dem Abschluss des Medizinstudiums und Promotion an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster absolvierte Univ.- Prof. Dr. Dr. med. Michel Eisenblätter die Facharztweiterbildung am Universitätsklinikum Münster. Über fünf Jahre lang war er am King’s College London tätig, bevor er zurück an das Universitätsklinikum Münster wechselte.

Seit 2019 war Eisenblätter Geschäftsführender Oberarzt und Leiter der Sektion Onkologische Bildgebung am Universitätsklinikum Freiburg. In seinen Arbeitsgruppen in Münster und Freiburg forschte Eisenblätter gemeinsam mit Ärzten und Naturwissenschaftlern zur Entstehung und Ausbreitung von Tumoren mit dem Ziel, die Diagnostik von Krebserkrankungen weiter zu optimieren.

Seine Schwerpunkte legte er dabei auf experimentelle Studien zur Interaktion von Tumor und Immunsystem im Kontext von Tumorausbreitung und neuer Therapie sowie auf klinische Konzepte zur Integration radiologischer Informationen.

Warum ist die Radiologie so ein spannendes und vor allem essenziell wichtiges Fachgebiet?

Eisenblätter: Die Radiologie steht in der Mitte der klinischen Versorgung – und das gleich aus mehreren Perspektiven. Sie ist relevant für die Patienten, die anderen Fachgebiete, die weitere Entwicklung des Klinikums und den Gesundheitsstandort Lippe. Durch unsere Diagnostik werden die Wege für einen Großteil der Patientinnen und Patienten gebahnt. Drastisch gesagt: Ohne heutige radiologische Standarduntersuchungen operiert der Chirurg ohne vorherigen Plan. Ohne Investitionen in radiologische Technik und Fachwissen werden Kliniken auf Dauer nicht optimal arbeiten – weder im Sinne der Patienten noch im Sinne der Geschäftsführer.

Ein Beispiel dafür ist die Forderung von Politik und Kostenträgern bestimmte Operationen möglichst ausschließlich in von den Fachgesellschaften zertifizierten Zentren durchzuführen. Hintergrund ist hier vor allem der Qualitätsgedanke, denn wenn man etwas oft tut und Abläufe genau festgelegt sind, gehen die Experten davon aus, dass die Qualität höher ist, als wenn Eingriffe nur selten vorgenommen werden. Am Klinikum Lippe haben wir einige Organzentren, die zertifiziert sind oder eine Zertifizierung anstreben. Die Radiologie ist selbst DIN-ISO zertifiziert, aber eben auch in all diesen Zentren wichtiger Kooperationspartner und relevant für den Erhalt des Zertifikates. Ohne uns geht es also nicht.

Doch es genügt nicht allein die Vorhaltung radiologischer Leistungen, sondern es zählt – zum Glück – auch hier wieder die Qualität. Deshalb sind einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus meinem Institut spezialisiert, zum Beispiel auf Brustkrebsdiagnostik oder Prostatadiagnostik.

Welche großen Meilensteine für die Weiterentwicklung der Radiologie in Lippe stehen aktuell auf Ihrer Agenda?

Eisenblätter: Die wichtigsten Punkte auf meiner Agenda lauten aktuell: Personal, Räumlichkeiten, Technik, UK OWL.

Fangen wir mal von hinten an: Die Professur am UK OWL bedeutet für mich persönlich vor allem mehr Zeit im Auto zwischen Detmold, Lemgo und Bielefeld. Da ich aber ganz bewusst zwischen Detmold und Lemgo wohne, um die Anfahrt zu beiden Klinikstandorten kurz zu halten, ist das überschaubar. Mit dem Ruf der Universität Bielefeld habe ich ja den Lehrauftrag angenommen. Zum einen, weil es wichtig ist, dass wir uns um eine fundierte Ausbildung der Medizinerinnen und Mediziner von morgen kümmern. Zum anderen bin ich davon überzeugt, dass mein Institut nur so Forschung auf nationalem Level betreiben kann. Wir können durch die universitäre Anbindung Innovationen schneller nutzen und bieten den Lipperinnen und Lippern Zugang zu neuester State of the Art-Diagnostik und -Therapie.

Insbesondere in der Radiologie hat das Klinikum Lippe in jüngster Vergangenheit zum Beispiel im Rahmen der Technologiepartnerschaft mit Siemens Healthineers investiert. Hier stehen uns also bereits viele neue Großgeräte und kleinere Technik auf dem neuesten Stand zur Verfügung. Wir werden aber auch kurz- bis mittelfristig die MRTKapazitäten erweitern und weitere strahlensparende CT-Geräte für die Regel- und Notfallversorgung anschaffen.

Jetzt sind wir gerade dabei, eine komplett neue radiologische Abteilung aufzubauen. Im Zuge der Baumaßnahmen in Detmold wird auch das Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie neue Räume im Erdgeschoss des Neubaus, in dem auch die Zentrale Notaufnahme künftig ihren Platz finden wird, beziehen.

Wir haben hier schon ein gutes Team. Parallel braucht aber auch mein Institut
weitere engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit der MTA-Schule Lippe sind wir im Assistenzbereich regional gut aufgestellt, was den Nachwuchs angeht. Natürlich hoffen wir auch, dass sich Medizinstudentinnen und -studenten der Universität Bielefeld künftig für das Klinikum Lippe als Arbeitsplatz entscheiden, aber bis die ersten Absolventen kommen, dauert es ja noch. Um universitär arbeiten zu können und für den Aufbau der Hochschulambulanz werden deshalb kurzfristig weitere personelle Ressourcen benötigt. Auch das habe ich mit auf meinem Plan.

Radiologie auf Spitzenniveaufür Lippe

Das Klinikum Lippe investiert an den Klinikstandorten Lemgo und Detmold in die medizinische Infrastruktur. Im Oktober 2022 wurde beispielsweise in Lemgo das neue 3 Tesla MRT-System angeliefert.

Wenn Sie in die Glaskugel schauen könnten, wo sehen Sie das Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Klinikum Lippe in zehn Jahren?

Eisenblätter: In zehn Jahren haben wir mit dem Universitätsinstitut am Campus Klinikum Lippe aus der Region heraus Akzente für die Radiologie als Fachbereich an sich gesetzt. Und das finde ich ganz realistisch. Wir haben hier Möglichkeiten, die sich an anderen Kliniken so nicht bieten. Insbesondere die enge Verzahnung mit den weiteren diagnostischen Disziplinen ist ein Vorteil am Klinikum Lippe. Wir können also gemeinsam die Diagnostik auf das nächste Level heben. Dafür brauchen wir ein innovatives Umfeld und neue Technik – beides haben wir. Zusätzlich unerlässlich sind weitere Mitarbeiter – daran arbeiten wir.

Was die Radiologie an sich angeht, hatten wir in der Vergangenheit viele technische Neuheiten und Entwicklungen. Wir haben heute ausgesprochen gute CT-, MRT- oder Röntgenbilder. Unsere Patienten sind während der Untersuchung nur noch einer geringen Strahlendosis ausgesetzt. Hier erwarte ich eigentlich tendenziell eher Innovationen im Bereich der Bildanalyse und der Bildauswertung. KI – also Künstliche Intelligenz – ist das Stichwort. KIgestützte Systeme können uns dabei helfen, noch präziser zu werden, menschliche Fehler zu korrigieren und zu filtern, was sich erfahrene Radiologen überhaupt noch anschauen müssen.

Auch die minimalinvasive Therapie entwickelt sich stetig weiter. Bereits jetzt ist es möglich, bildgesteuert Läsionen an Niere oder Leber mittels Mikrowellen zu abladieren statt in jedem Fall zu operieren. Diese alternativen Verfahren werden wir über die kommenden Jahre in Zusammenarbeit mit zum Beispiel der Urologie oder der Allgemein- und Viszeralchirurgie im Angebot des Klinikums Lippe etablieren. Parallel entwickeln wir auch das Spektrum in der Neuroradiologie weiter, um in Notfallsituationen oder als Regeltherapie Eingriffe am Gehirn mit Unterstützung radiologischer Bildgebung noch sicherer, schneller und präziser durchführen zu können.

All diese Entwicklungen werden wir natürlich auch durch das Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie begleiten und versuchen, Vorreiter zu sein. So kann der Campus Klinikum Lippe akademisch weiter wachsen, was Vorteile für das Klinikum, die Region und vor allem unsere Patientinnen und Patienten mit sich bringt.

Radiologie auf Spitzenniveaufür Lippe

Mit Herz und Hightech: Im Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie bilden Mensch und Technik ein gutes Team.