Kooperatives Pflegestudium in OWL
Wir haben zwei junge Frauen getroffen, die neben ihrer Ausbildung zur Pflegefachkraft ein kooperatives Pflegestudium mit dem Abschluss Bachelor of Arts – Gesundheit absolvieren. Hannah von Platen (21) und Gina Gray (20) befinden sich im zweiten Lehrjahr ihrer Ausbildung zur Pflegefachkraft und hatten zum Start des Wintersemesters 21/22 ihre ersten Vorlesungen an der Fachhochschule Bielefeld.
Hannah: Während der Ausbildung beschäftigt man sich vorwiegend mit pflegerisch-medizinischen Themen. Das kooperative Studium ist wie ein Blick über den Tellerrand. Da geht es zum Beispiel um die Finanzierung von Krankenhäusern. Diese Informationen waren wirklich neu für mich und es ist ein großer Vorteil, dass wir einen so tiefen Einblick bekommen, da man dann das komplette System verstehen kann.
Gina: In unserem ersten Modul ging es um den demografischen Wandel und die Wirtschaftlichkeit unseres Gesundheitssystems. Es ist schon erstaunlich, dass im Krankenhausalltag viel auf Wirtschaftlichkeit und Effizienz ausgerichtet ist. Während der Ausbildung schaut man mehr auf die sozialen Komponenten der pflegerischen Versorgung und beschäftigt sich weniger mit den Abläufen, die das gesamte Gesundheitssystem am Leben erhalten. Ich finde es wichtig, dass es eine gute Balance zwischen den wirtschaftlichen und sozialen Komponenten im Gesundheitswesen gibt.
Hannah: Der zusätzliche Arbeitsaufwand ist bisher noch überschaubar. Jedoch gibt es neue Herausforderungen. Zum Ende des ersten Semesters müssen wir eine Hausarbeit schreiben. Parallel stehen dann auch noch die Prüfungen der Ausbildung an. Das wird bestimmt auch mal stressig. Darüber hinaus ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Themen für mich noch neu, aber wir bekommen von unseren Lehrer*innen und Dozenten viel Unterstützung und Rückendeckung. Gina: Für mich war es auch total spannend in dem großen und neuen Gebäude der Fachhochschule in Bielefeld unterrichtet zu werden. Das ist schon ein tolles Gefühl und beeindruckend.
Hannah: …auch der fachliche Austausch mit Kommiliton*innen aus anderen Einrichtungen ist total interessant. Man stellt fest, dass es überall ähnliche Probleme gibt.
Gina: Ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland besonders an der Anerkennung des Pflegeberufs mangelt. Und finde es wichtig, dass der Berufszweig Pflege sich weiter professionalisiert. Ich beschäftige mich zurzeit für eine Hausarbeit mit dem Gesundheitssystem in Finnland. Dort ist es der Standard, dass Pfleger*innen ein Studium absolvieren und dadurch auch verantwortungsvollere Aufgaben in der Patientenversorgung übernehmen. Zum Beispiel werden Patienten in Finnland zuerst von Pflegenden begutachtet, bevor sie einem Arzt vorgestellt werden. Die Pfleger* innen tragen dadurch natürlich eine viel größere Verantwortung, genießen aber auch ein höheres gesellschaftliches Ansehen. Mein Wunsch ist es auch hier in Deutschland bei einer nachhaltigen Verbesserung des Gesundheitssystems mitwirken zu können. Jedoch ist das ein wirklich langer und steiniger Weg, da es eine grundsätzliche Systemveränderung bedeuten würde.
Hannah: Ich kann nur jedem empfehlen, der die Möglichkeit bekommt ein Studium neben der Ausbildung zu machen, dies zu nutzen. Man spart ein Jahr und ist danach für den Arbeitsmarkt viel breiter aufgestellt. Ich finde es wichtig, dass man sich sein ganzes Leben versucht weiterzubilden und neue Dinge ausprobiert. Ich könnte mir nicht vorstellen, egal ob mit Studium oder ohne, mein ganzes Leben auf einer Station tätig zu sein und immer das Gleiche zu machen.