Gezielte Krebstherapie bei Hämatologischen Neoplasien

Zentrum für bösartige Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems am Standort Lemgo

Am Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe arbeiten verschiedene Fachabteilungen am Klinikum Lippe in Lemgo interdisziplinär und multiprofessionell zusammen. Oberstes Ziel des Zentrums ist es, jeder Patientin und jedem Patienten mit bösartigen Erkrankungen des Blutes und des lymphatischen Systems – den sogenannten hämatologischen Neoplasien – die optimale Beratung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge anzubieten. Ende Februar hat das Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe die Zertifizierung beantragt.

„Wir haben uns zusätzlich zur Versorgung unserer onkologischen Patienten gemeinsam mit den anderen Organzentren schon lange spezialisiert auf die Behandlung von Multiplen Myelomen, malignen Lymphomen, akuten und chronischen Leukämien, Myeloproliferativen Erkrankungen und Myelodysplastischen Syndromen. Es ist uns auch wichtig, an aktuellen Therapiestudien teilzunehmen, denn so ermöglichen wir den Betroffenen den Zugang zu innovativen Medikamenten. Aktuell machen wir uns mit der angestrebten Zertifizierung auf den Weg, unsere Arbeit von unabhängigen Experten bewerten zu lassen, denn Transparenz und messbare Qualität haben ihren berechtigten Stellenwert in der Medizin“, sagt Prof. Dr. Frank Hartmann, Leiter des Zentrums für Hämatologische Neoplasien Lippe und Chefarzt der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Standort Lemgo.

Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesen ganzen Fachbegriffen und welches Leistungsspektrum bietet das Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe an? Ein Überblick:

Multiples Myelom

Das Multiple Myelom wird auch Plasmozytom genannt und ist mit sechs bis acht Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner eine der häufigsten hämatologischen Tumorerkrankungen. Die Krebszellen befallen Knochen und Knochenmark und verursachen Symptome wie Knochenschmerzen, Abgeschlagenheit, erhöhte Infektanfälligkeit sowie eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Die Therapie besteht heutzutage aus einer Kombination von modernen zielgerichteten molekularen und immunmodulatorischen Therapien sowie aus systemischer Chemotherapie.

Sämtliche modernen Systemtherapien werden am Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe durchgeführt. Bei geeigneten Patienten wird zudem eine Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation nach einer initialen Therapie in das Konzept einbezogen. Hierfür verfügt die Klinik am Standort Lemgo über eine moderne Station mit acht speziellen Isolierzimmern, um eine möglichst keimarme Umgebung zu gewährleisten. In einigen Fällen sind zusätzlich eine Strahlentherapie, nephrologische Maßnahmen oder orthopädische Eingriffe notwendig, die vom Zentrum koordiniert und im Klinikum Lippe durchgeführt werden.

Myelodysplastische Syndrome

Bei den Myelodysplastischen Syndromen – kurz MDS – handelt es sich um eine Gruppe von Bluterkrankungen, die durch fehlerhafte Blutbildung im Knochenmark gekennzeichnet sind. Dieser Fehler äußert sich in der Verminderung der Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten im Blut. Die Folge sind Anämiesymptome, also Blutarmut mit auftretendem Schwindel, Schwäche oder Luftnot, sowie Infektionen und Blutungen. Einige Formen der MDS können rasch in eine akute Leukämie übergehen.

Am Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe führt das Team der Klinik für Onkologie und Hämatologie in Kooperation mit den notwendigen Partnern sämtliche diagnostischen Untersuchungen durch, die eine Einschätzung des Risikos und Verlaufes sowie eine individuelle Therapieplanung ermöglichen. Die Therapien können überwiegend in der onkologischen Ambulanz durchgeführt werden.

Akute Leukämien

Akute Leukämien sind bösartige Erkrankungen des blutbildenden Systems, die aus einer entarteten Stammzelle im Knochenmark hervorgehen. Bei der Erkrankung kommt es zur unkontrollierten Vermehrung unreifer, nicht funktionstüchtiger Blutzellen, sogenannter Blasten, im Knochenmark und so zur Verdrängung der gesunden Blutzellen. Hieraus folgt eine Verminderung gesunder Leukozyten, Thrombozyten und Erythrozyten, die wiederum zu Infekten sowie Blutungen und Symptomen einer Blutarmut führt.

Am Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe werden akute Leukämien nach neuesten Standards diagnostiziert und behandelt. Durch eine rasche morphologische Diagnostik und in Kooperationen mit der nationalen Studiengruppe in Ulm (AMLSG) sowie in Frankfurt (GMALL) erfolgt bei jedem Patienten eine schnelle, umfassende und individualisierte Therapieplanung.

Chronische Leukämien

Chronische Leukämien umfassen im Wesentlichen die chronische lymphatische Leukämie (CLL) und die chronische myeloische Leukämie (CML), wobei die CML auch zu den Myeloproliferativen Erkrankungen gezählt wird und durch orale zielgerichtete Medikamente (Tyrosinkinaseinhibitoren) sehr gut behandelbar ist. Hingegen benötigt die CLL aufgrund ihres häufig langsamen Verlaufs anfangs keiner spezifischen Therapie. Tritt im weiteren Verlauf eine Behandlungsbedürftigkeit ein, so stellen verschiedene zielgerichtete Medikamente, teils in Kombination mit monoklonalen Antikörpern, wirksame Therapieformen dar.

Maligne Lymphome

Maligne Lymphome sind Erkrankungen des lymphatischen Systems. Man unterscheidet prinzipiell das Hodgkin- Lymphom von den Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL). Beide manifestieren sich häufig als tastbare Lymphknotenvergrößerung. Es können aber auch Lymphknoten befallen sein, die sich nur mittels bildgebender Diagnostik darstellen lassen. Veränderungen des Blutbildes können auf einen Knochenmarkbefall hinweisen.

Sämtliche, moderne Diagnostik inklusive einer PET-CT wird am Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe angeboten. Die interdisziplinäre und individuelle Therapieplanung erfolgt in der Tumorkonferenz zusammen mit der Strahlentherapie, der Chirurgie und der Pathologie. Alle modernen Systemtherapien, inklusive einer Hochdosistherapie mit autologer Stammzellrückgabe, bietet das Zentrum ebenfalls an.

Gezielte Krebstherapiebei Hämatologischen Neoplasien

Myeloproliferative Erkrankungen

Myeloproliferative Erkrankungen, abgekürzt MPN, sind gekennzeichnet durch die Entartung und Vermehrung von einer oder mehrerer Zelllinien im Knochenmark. Während bei akuten Leukämien vorwiegend unreife Leukämiezellen auftreten, sind hier vor allem reife Zellen der weißen Blutkörperchen, rote Blutkörperchen und Blutplättchen betroffen. Zur Gruppe der MPN zählen klassischerweise die Chronische myeloische Leukämie (CML), Polycythaemia vera (PV), idiopathische Myelofibrose (IMF) sowie die essenzielle Thrombozythämie (ET).

Die Diagnostik beinhaltet neben der klassischen zytologischen und histopathologischen Untersuchung insbesondere molekulare Verfahren, die das Zentrum für Hämatologische Neoplasien Lippe in Kooperation mit externen Partnern anbietet. Die Behandlungen mit überwiegend zielgerichteten oralen Medikamenten können in der Onkologischen Ambulanz erfolgen.

Vier interessante Fakten über Blut


  1. Herz und Blutgefäße vollbringen Höchstleistungen
    Das menschliche Herz schlägt im Laufe eines durchschnittlichen Lebens circa
    35 Millionen Mal und pumpt damit ungefähr 210 Millionen Liter Blut durch den Körper. Ungefähr 60 Mal pro Stunde zirkuliert das Blut durch sämtliche Gefäße.
  2. Kleiner Unterschied der Geschlechter
    Sechs bis acht Prozent des Körpergewichts eines Erwachsenen entfallen auf das Blut, welches im Körper strömt. Dabei fließen durch den männlichen Körper ungefähr sechs Liter Blut, durch den weiblichen nur fünf.
  3. Ganz schön viele Blutkörperchen
    Blut besteht aus Blutplasma (60 Prozent), roten und weißen Blutkörperchen (Erythrozyten und Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten). Ein Band aus allen roten Blutkörperchen eines Menschen würde den Äquator fünf Mal umschlingen.
  4. Ob Adel oder nicht: Jeder hat (auch) blaues Blut
    Die Farbe des Blutes entsteht durch den Blutfarbstoff Hämoglobin in den roten Blutkörperchen. Wenn Blut durch die Venen zum Herzen zurückfließt, ist es sauerstoffarm und hat deshalb einen bläulichen Farbton. Das „blaue“ Blut verfärbt sich beim Kontakt mit Sauerstoff wieder rot.