Verantwortungsvoller Umgang mit Radioaktivität bringt Nutzen für die Patienten
Priv.-Doz. Dr. Eva Fricke ist Chefärztin der Klinik für Nuklearmedizin am Standort Lemgo des Klinikum Lippe. Ihr Fachgebiet ist die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen mittels offener radioaktiver Substanzen. In der Nuklearmedizin werden nämlich geringe Mengen radioaktiv markierter Arzneimittel dazu verwendet, Vorgänge im Körper sichtbar zu machen oder eine therapeutische Wirkung zu erzielen. Seit Kurzem kann das Team der Nuklearmedizin mit dem PET/CT eine spezielle Untersuchung anbieten. Im Interview hat die Chefärztin mehr über das neue System und die Vorteile für die Patienten verraten.
Frau Dr. Fricke, was genau bedeutet denn PET/CT überhaupt?
Priv.-Doz. Dr. Eva Fricke: Bei der Positronen- Emissions-Tomographie – kurz PET – werden radioaktiv markierte Medikamente verwendet, um physiologische Vorgänge im Körper sichtbar zu machen. Wir schauen uns also an, wie aktiv das Gewebe ist. Dafür wird eine geringe Menge eines radioaktiven Arzneimittels in eine Vene gespritzt. Im Körper reichert sich dieses Mittel dann an. Empfindliche Kameras zeichnen von außen Bilder der jeweiligen Körperabschnitte auf – das ist die PET. Zur anatomischen Orientierung, zur Verbesserung der Bildqualität und zur Gewinnung weiterer Informationen wird die PETUntersuchung mit einer zusätzlichen CT-Untersuchung kombiniert. Deshalb sieht das PET/CT-Gerät auch so ähnlich aus wie ein herkömmliches CT.
Wie genau funktioniert das mit der Anreicherung der radioaktiven Substanzen im Körper?
Fricke: Die für die PET/CT am häufigsten verwendete Substanz ist radioaktiv markierter Traubenzucker, in der Fachsprache F-18-FDG. Geben wir diese Substanz in den Körper, gelangt sie in die Zellen und wird somit zum Teil des menschlichen Stoffwechsels. Da wir wissen, dass bösartige Tumoren verstärkt Glukose – also Zucker – aufnehmen und einen besonders aktiven Stoffwechsel aufweisen, können wir mit der PET/CT auch schon kleine Tumore frühzeitig erkennen. Und das funktioniert so: Die Tumorzellen stopfen sich, wenn man so will, mit dem Zucker voll, verstoffwechseln diesen und da er mit einer radioaktiven Substanz markiert ist, können wir diese Prozesse mit der PET/CT-Untersuchung zu digitalen Bildern verarbeiten. So können wir krankhafte Prozesse sozusagen „zum Leuchten“ bringen. Der Blick des Untersuchers wird auf die wichtigen Befunde gelenkt. Wir haben damit nicht nur eine exakte Diagnose, sondern auch eine Möglichkeit, die Therapie ganz präzise zu planen. Das kann wichtig sein, wenn es um eine zielgenaue Bestrahlung des Tumors geht. Schließlich soll zwar das Tumorgewebe zerstört, aber dabei dennoch die umliegenden Organe und Körperregionen möglichst geschont werden.

Das PET/CT sieht so ähnlich aus wie ein herkömmliches CT und es ist auch genauso leise.
Ist diese PET/CT-Untersuchung nicht gefährlich? Immerhin sind die Stoffe radioaktiv.
Fricke: Ja, die Untersuchungen in der Nuklearmedizin sind immer mit einer Strahlenexposition verbunden. Es istdeshalb unsere Aufgabe, mit dieser Strahlung verantwortungsvoll umzugehen und sie zum medizinischen Nutzen einzusetzen. Die Halbwertszeit der radioaktiv markierten Substanzen bei der PET/CT beträgt weniger als 2 Stunden. Das heißt, durch den radioaktiven Zerfall ist nach weniger als 2 Stunden weniger als die Hälfte der Strahlung da. Zusätzlich werden die Radiopharmaka über den Urin ausgeschieden. Allerdings muss eine Schwangerschaft zum Untersuchungszeitpunkt sicher ausgeschlossen sein, weil die Strahlung dem Embryo schaden könnte.
Mögliche Einsatzbereiche für die PET/CT
Wo wird diese Untersuchungsmethode überhaupt eingesetzt?
Fricke: PET/CT-Untersuchungen kommen häufig in der Tumordiagnostik zum Einsatz. Zum Beispiel erfolgt die Untersuchung bei Patienten mit Erstdiagnose eines Bronchialkarzinoms, um vor der Einleitung der Therapie das genaue Ausmaß der Erkrankung sicher einschätzen zu können. Bei Patienten mit bösartigen Lymphomen wird die PET/CT häufig eingesetzt, um das Ansprechen auf erfolgte Therapien zu überprüfen. Auch neurologische Fragestellungen können abgeklärt werden. So können zum Beispiel mit Hilfe der PET/CT Demenzen frühzeitig erkannt und verschiedene Formen der Demenz voneinander unterschieden werden. Auch in der Diagnostik der Parkinson- Erkrankung spielt die diese Untersuchung eine Rolle.
In der kardiologischen Diagnostik wird die PET/CT eingesetzt, um bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung die „Vitalität“ des Herzmuskels sicher beurteilen zu können. Mit der PET/CT kann Herzmuskelgewebe im sogenannten „Winterschlaf“ detektiert werden. Dabei handelt es sich um Herzmuskelgewebe, das durch eine chronische Minderdurchblutung keine Funktion mehr aufweist und darum für Narbengewebe gehalten werden kann. Im Gegensatz zu Narbengewebe kann bei winterschlafendem Myokard eine Verbesserung der Durchblutung zu einer Funktionsverbesserung führen. Daher ist die Differenzierung wichtig für die kardiologische Therapie, zum Beispiel vor Gefäßinterventionen oder Bypassoperationen. Diese wenigen Beispiele zeigen, dass gleich eine ganze Reihe von Fachabteilungen und somit viele verschiedene Patientengruppen von der Möglichkeit der PET/CT am Klinikum Lippe profitieren.

Während der Ruhephase nehmen Patientinnen und Patienten in bequemen Liegestühlen Platz. Eine Decke sorgt dafür, dass ihnen nicht kalt wird.
SO LÄUFT EINE PET/CTUNTERSUCHUNG AB
Terminvergabe und Vorbereitungen
Die Terminvergabe für eine Diagnostik mittels PET/CT erfolgt nach Indikationsstellung durch den behandelnden Arzt. Vor der Untersuchung benötigt die Klinik für Nuklearmedizin die medizinischen Vorbefunde, um die Indikation zu prüfen und den Ablauf der Untersuchung individuell zu planen. Gegebenenfalls muss auch die Art der Kostenübernahme geklärt werden.
Für eine optimale Befundung ist es sehr wichtig, dass Ergebnisse von radiologischen Voruntersuchungen (insbesondere CT und/oder MRT) zur Verfügung stehen – am besten in digitaler Form auf CD oder DVD. Falls auch eine diagnostische CT mit Kontrastmittelgabe erfolgen soll, benötigt das Team der Nuklearmedizin aktuelle Blutwerte (Kreatinin, TSH). Die exakte Vorbereitung der Untersuchung ist abhängig von der Art der Untersuchung. Patientinnen und Patienten werden vor dem Untersuchungstermin telefonisch oder in einem Vorgespräch ausführlich informiert. So sind bei manchen Fragestellungen beispielsweise vorbereitende Medikamente erforderlich (z.B. Betablocker oder Buscopan).

Das Team der Klinik für Nuklearmedizin ist für Sie da. Mit Herz und Hightech.
Der Ablauf am Untersuchungstag
Nach Bestimmung des Blutzuckers wird ein venöser Zugang am Arm gelegt und die radioaktiv markierte Zuckerlösung gespritzt. Danach beginnt eine Ruhephase. Während dieser Zeit wird der markierte Traubenzucker im Körper verstoffwechselt.
Für ein bestmögliches Untersuchungsergebnis ist es wichtig, dass die Patientin oder der Patient in dieser Zeit entspannt liegt und nicht friert. Dafür sorgen ein bequemer Liegestuhl und eine Decke. Während der Ruhephase sind Toilettengänge selbstverständlich möglich und sogar erwünscht, denn das radioaktiv markierte Medikament soll vom Körper schnellstmöglich wieder ausgeschieden werden. Um dies zu unterstützen, erhalten Patientinnen und Patienten eine Infusion mit physiologischer Kochsalzlösung und ggf. ein harntreibendes Medikament.
Die Aufnahme im PET/CT beginnt zwischen 45 bis 120 Minuten nach Gabe der Zuckerlösung und dauert etwa 30 Minuten. Für eine optimale Bildgebung ist es besonders wichtig, während der gesamten Untersuchung ruhig liegen zu bleiben und flach und gleichmäßig zu atmen.
Sie haben einen Termin zur PET/CT-Untersuchung?
Jede PET/CT-Untersuchung wird individuell geplant. Dabei spielt nicht nur die Fragestellung für die Untersuchung eine Rolle. Die Krankengeschichte des Patienten, Medikamentenpläne und viele weitere Faktoren sind wichtig. Dies zeigt sich an den folgenden drei Beispielen, für die Priv.-Doz. Dr. Eva Fricke ein paar Untersuchungshinweise hat:
F-18-FDG-PET/CT zur Tumor- oder Entzündungsdiagnostik
„Zur Untersuchung müssen Sie nüchtern erscheinen, das bedeutet, dass Sie mindestens sechs Stunden vorher keine Nahrung zu sich nehmen. Bitte nehmen Sie am Abend vor der Untersuchung wenig Kohlenhydrate zu sich. Am Untersuchungstag ist nur etwas Wasser erlaubt. Falls Sie unter einer Diabeteserkrankung leiden,
spritzen Sie bitte am Untersuchungstag kein Insulin und nehmen keine blutzuckersenkenden Medikamente ein. Am Tag vorher können Sie die Medikation wie gewohnt einnehmen. Die meisten sonstigen Medikamente, bis auf harntreibende Präparate, können wie gewohnt eingenommen werden. Falls Sie unter Schmerzen leiden, ist eine entsprechende Medikation für die Untersuchung wichtig. Sie können also natürlich auch Ihre Schmerzmedikamente wie gewohnt einnehmen. Bitte tragen Sie warme und bequeme Kleidung und verzichten Sie für den Untersuchungstermin möglichst auf Schmuck oder Piercings.“ PET/CT mit F-18-PSMA zur Diagnostik beim Prostatakarzinom „Zu dieser Untersuchung müssen Sie nicht nüchtern erscheinen. Nach
Applikation des Radiopharmakons beträgt die Wartezeit ungefähr zwei Stunden. Eine ausreichende Trinkmenge ist wichtig, alternativ kann eine Infusion gegeben werden.“
PET/CT mit F-18-FDG zur Vitalitätsdiagnostik des Herzens
„Bei dieser Untersuchung ist es wichtig, dass Sie nicht nüchtern sind. Diabetiker sollten auch ihre Medikation einnehmen bzw. Insulin spritzen. Sie erhalten zunächst eine Infusion mit Traubenzucker und Insulin, um Ihr Herz auf den Zuckerstoffwechsel einzustellen. Die Aufnahmen erfolgen circa 30 bis 60 Minuten nach Gabe von F-18-FDG und dauern ungefähr 15 Minuten.“