Hier darf jeder sein„Päckchen“ tragen

Leben im Wohnbereich für Menschen mit Demenz der Kreissenioreneinrichtung Blomberg

Geschafft. Alles steht an seinem Platz, funktionell und doch gemütlich. Joachim W. ist zufrieden. Er ist von Beruf Innenarchitekt und lebt seit drei Wochen in der Kreissenioreneinrichtung Blomberg.

Er ist 79 Jahre alt und erkrankte vor rund einem Jahr an Demenz. Als das Leben im eigenen Haus zu beschwerlich und zuweilen auch zu gefährlich wurde, suchte sein Sohn ein neues Zuhause für ihn in einer Pflegeeinrichtung. Viele Einrichtungen hat er sich angesehen, einige waren gut aufgestellt für die Betreuung dementiell erkrankter Menschen, aber das Konzept der Kreissenioreneinrichtung in Blomberg hat ihn letztendlich überzeugt. Und nach einer kurzen Wartezeit konnte sein Vater dort einziehen.

Joachim W. wohnt nun in einem geräumigen Einzelzimmer mit WC und Dusche. Eingerichtet haben es seine Kinder mit den eigenen Möbeln aus seinem Eigenheim. Die Orientierung in Raum und Zeit fällt ihm zunehmend schwerer. „Häufig denkt Herr W., er sei noch berufstätig und hätte einen Auftrag als Innenarchitekt“, erzählt Rita Palnau, die Einrichtungsleiterin. Dann stellt er die Möbel um und bespricht mit den Mitarbeitern die Raumausstattung. „Wir arbeiten hier nach den Verfahren der Validation und dem Lebensweltkonzept“, erklärt sie weiter. „Die Bewohner mit Demenz leben in ihrer eigenen Welt. Wir haben die Aufgabe, dieses zu akzeptieren, ihr Wohlbefinden zu stärken und sie auf ihrem Weg zu begleiten.“

Wenn ein neuer Bewohner einzieht, spricht Rita Palnau mit den Angehörigen über dessen Biographie. Es wird ein „Lebensbild“ erstellt aus Fotos und anderen kleinen Erinnerungsgegenständen und dieses anschließend im Bewohnerzimmer aufgehängt. Das Wandbild hilft dem Bewohner, sich an sein Leben zu erinnern. Gleichzeitig ist es oft eine Unterstützung für die Mitarbeiter, den Bewohner in manch einer Situation besser zu verstehen.

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Das Lebensbild eines Bewohners.

Unauffällig, aber für die Mitarbeiter und Besucher dennoch gut sichtbar gibt es weitere Hilfestellungen für den Alltag mit den dementiell erkrankten Menschen: Eine HausUNordnung und Plakate mit Hilfestellungen, um auf die jeweilige Gefühlslage eines Bewohners gut reagieren zu können. „Validierende Sätze und Sprichwörter können eine Brücke bauen zur „inneren Welt“ des erkrankten Menschen“, weiß Rita Palnau. „Wir wissen oft nicht, was den Bewohner gerade bewegt. Aber, wenn beispielsweise jemand unruhig ist, helfen Sätze wie „Sie sitzen wohl auf glühenden Kohlen“ oder „Wer nicht kommt zu rechten Zeit,…“

Die Senioreneinrichtung des Kreises Lippe bietet Platz für insgesamt 88 Bewohner. Nicht abgeschlossen, aber dennoch auf einer eigenen Etage leben 49 Menschen mit Demenz in drei Wohnbereichen. Eine Nähecke, ein Schminktisch, eine Gartenwerkbank für Hobbygärtner und sogar eine kleine Bastelwerkstatt stehen den Bewohnern zur Verfügung. Das sogenannte Nachtcafé bietet ein Kulturangebot nach dem Abendessen: Es wird zum Beispiel vorgelesen oder gemeinsam gesungen. Regelmäßig bekommen die Bewohner Besuch von Blomberger Schulkindern. „Viele Angebote für die Bewohner sind nur möglich, durch ehrenamtliches Engagement. Dafür sind wir sehr dankbar“, sagt Rita Palnau.

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In der Blomberger Einrichtung leben auch Anneliese H. und Erika B. Die beiden Damen haben sich angefreundet und bewohnen ein Doppelzimmer. Und damit das so bleibt, war es ihnen wichtig, einen entsprechenden „Vertrag“ von der „Hausverwaltung“ zu bekommen. Rita Palnau hat daraufhin mit ihnen gemeinsam ein Schreiben verfasst – in zweifacher Ausführung – und die Damen haben unterschrieben. Denn: „Es muss alles seine Ordnung haben.“